Foto Jahrbuch HDA 06/07

06/07
jahrbuch.architektur.HDA.graz

Jury:
Elke Delugan-Meissl, Wien
Andrej Hrausky, Ljubljana
Martin Tschanz, Zürich



Unterfladnitz ist ein kleiner Ort (eigentlich nicht einmal ein Dorf) an der Straße zwischen Gleisdorf und Weiz. Es hat keinen historischen Ortskern und die größten Bauten sind ein Sägewerk und ein altes Lagerhaus zur Maistrocknung. Wie sollte man in solch einer unbestimmten Umgebung an die Aufgabe eines Gemeindezentrums herangehen? Welche Architektursprache wählen? Das waren die Fragen, die Heinz Wondra lösen musste, nachdem er den geladenen Wettbewerb für die Errichtung eines Gemeinde- und Kulturzentrums in Unterfladnitz gewonnen hatte. Sein Siegerprojekt konnte an keine architektonischen Qualitäten umgebender Bauten anknüpfen. Im Norden steht das erwähnte Lagerhaus, auf der anderen Seite ein altes Gasthaus. Dieses eignete sich nicht ausreichend als Bezug für die Errichtung eines neuen Gemeindezentrums, und das Lagerhaus war vom Symbolgehalt her auch nicht das Richtige dafür. Andererseits wollte der Architekt keine noch so qualitätvolle Architektur verordnen, die sich gegen das Bestehende richtete. Das Ergebnis ist eine neutrale Architektur, die beinahe unbemerkt Architekturqualität in das neue Zentrum von Unterfladnitz bringt. Auf der Nordseite nimmt der neue Komplex die Dachneigung des Lagerhauses auf, im Süden passt es sich an das Volumen des alten Gasthauses an. Zusätzlich hat sich der Architekt an den Hügeln des Raabtals orientiert. Das waren seine Maßstäbe, um den neuen Bau in das bestehende urbane Gewebe einzubetten und ein Zentrum zu schaffen, in das nun das Gasthaus und der nahe Bahnhof eingegliedert werden konnten. Das Zentrum ist nach zwei Wegen ausgerichtet, von denen der eine das Gasthaus mit dem Lagerhaus und der andere den Bahnhof mit der Hauptstraße verbindet. Beide Wege geben im Winkel zu einander die Hauptrichtungen für das Zentrum vor. Am Schnittpunkt befindet sich ein öffentlicher Platz, eine Piazza, das Herzstück allen urbanen Lebens. In dieser ländlichen Umgebung ist es verständlich, dass dieser Platz teilweise aus einer leicht abgesenkten grünen Wiese besteht, die der Architekt Festwiese nennt. Ein paar Stufen höher liegt der eigentliche gepflasterte öffentliche Platz. Die breiten Stufen könnten als Tribüne (bspw. für Gruppenfotos) dienen oder auch als Theater, mit der Festwiese als Bühne. Das L-förmige Volumen des Zentrums erzeugt und schützt den öffentlichen Platz, was zusätzlich durch die höhere Fassade mit einem auskragenden Dach betont wird. Die Absicht hinter dem Komplex, nämlich ein neues Dorfzentrum zu schaffen, geht über diese L-Form hinaus. Wichtiger noch ist seine Funktion, zu jedem sich bietenden Anlass Nutzer anzuziehen. Die L-Form des Grundrisses erklärt sich auch aus der Mehrfachfunktion des Komplexes: Der niedrigere Teil beherbergt das Gemeindezentrum mit dem Amt des Bürgermeisters und anderen Einrichtungen wie Sitzungsraum, Archiv, Sekretariat etc., der Rest besteht aus multifunktionalen Räumen. In Kleingemeinden wie dieser ist Geld immer rar, und so müssen Räume immer gut durchgedacht und flexibel sein. Heinz Wondra hat diesbezüglich Exzellentes geleistet! Der Hauptraum kann geöffnet, geschlossen und abgeteilt werden, um verschiedene Nutzungen, von Theateraufführungen bis zu Partys, unterzubringen. Die Einrichtung ist einfach und größtenteils aus Holz und manchmal, wie beispielsweise die schwenkbare Bar, die an den verfügbaren Raum angepasst werden kann, richtig witzig. Die Materialwahl beschränkt sich auf Glas, Holz und Beton. Ein sehr funktioneller Bau an einem unartikulierten Ort, ein gelungenes Ergebnis eines sehr subtilen Umgangs des Architekten mit der Umgebung und der Definition einer neuen Identität.



Unterfladnitz is a small place (perhaps not even a proper village?) on the road between Gleisdorf and Weiz. lt has no proper historical centre and the biggest buildings are a sawmill and an old warehouse for drying maize. How does one go about creating a civic centre in such an undefined environment? What architectural Ianguage should one use? These were the questions faced by architect Heinz Wondra when he won the invited architectural competition for the civic and cultural centre in Unterfladnitz. His winning design could not take over the architectural qualities of the surrounding buildings. On the north there is the warehouse previously mentioned, on the other side an old inn. The Iatter was not enough to use as a reference to start a new civic centre and the warehouse was symbolically not a proper object for the purpose. On the other hand, the architect did not wish to impose architecture that would counteract the existing buildings, whatever their quality. The result is a neutral architecture that, almost unnoticed, starts to build the architectural quality of the new centre of Unterfladnitz. To the north, the new complex follows the roof angle of the warehouse; to the south, the building reflects the volume of the old inn. In addition, the architect even took the hills around the valley of the Raab as his reference. All these were measures taken to embed the new complex within the existing urban fabric and to create a centre that would incorporate the inn as weil the nearby train station. The centre is arranged alongside a path connecting the inn with the warehouse and another one connecting the railway station with the main road. Both paths, lying at an angle, serve as the fundamental directions around which the layout of the centre is organized. The crossroad is marked by a public space, a piazza, as the core of all urban life. In this case, the rural environment makes it natural for it to be partly formed by a slightly sunken green meadow - what the architect calls a Festwiese a few steps above which lies a proper paved public space. The wide steps could function as a stage (for group photos?) or as a raised auditorium, in which case the meadow would be the stage. The volume of the centre is L-shaped, thus creating and protecting the public space, which is additionally emphasised by the higher facade with projecting roof. The intention of the complex is to introduce a new centre of the village, and this does not stop at its shape. More important is its function, seeking to attract users at all occasions. The L shape of the plan tells us also about the different functions of the complex. In the lower part, there is a civic centre with the office of the mayor and other services (meeting room, archive, secretary etc.); the rest is devoted to multifunctional spaces. in small communities like this, money is always scarce, so spaces must be well thought out and flexible. Here Heinz Wondra did his job excellently - the main space can be opened, closed and divided up, all with the idea of enabling different uses ranging from staging theatre to parties. The elements are simple, mostly made of wood and sometimes, Iike the pivoting bar that can be adapted to available space, really witty. The selection of materials is diminished solely to glass, wood and concrete. In an unarticulated place the architect has created a highly functional complex whose very subtle strategy adapts to the environment and creates a new identity.

Andrej Hrausky